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Das Ende der Einbauschränke

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Aus der Rubrik "Ich wär' so gerne Millionärin"

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Leonie Pauls
Apr. 12, 2025
∙ Bezahlt
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Das Ende der Einbauschränke
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Ich bin in meinem Freund*innenkreis nicht für die Liebe zum Detail bekannt.
Nein, Details übersehe ich oft - sowohl bei anderen, als auch bei mir. Sie sind meistens klein, in ihnen verbirgt sich aber oft all das Herzblut, all die Hingabe. Sie sind da, weil sie gesehen werden wollen und übersieht man sie, verletzt es vielleicht den penibel genauen Menschen.

Meinen Mann beispielsweise, der sortiert, ordnet und räumt liebend gerne um, sieht die Details im großen Ganzen, verliert sich gerne darin. Das unterstelle ich ihm zumindest. Denn er macht dies mit einer Hingabe und Präzision, beinahe täglich, als könne er so die Gedanken im Kopf gleich mit sortieren. Ich übersehe das oft, habe meinen Fokus meist auf Laufwege und die übergeordnete Struktur gerichtet und stolpere im wahrsten Sinne über die kleinen Kompositionen und Harmonien.
Dafür schäme ich mich manchmal, weil ich ihn, diese Ordnung und die Liebe zum Detail gerne öfter sehen, ihm dafür öfter die (erwünschte) Beachtung schenken möchte.

Aber ein Detail, das fällt mir ausnahmslos immer auf, denn es zählt zu den ganz “großen” Details. Massiv und doch zurückhaltend. Formschön und doch nüchtern. Präsent und doch nicht aufdringlich. You guessed it right – der Einbauschrank.

01 Der Einbauschrank

Der Einbauschrank ist keine Erfindung der Nachkriegszeit, auch wenn er während des sozialen Wohnungsbaus gepeaked ist. Damals war es wichtig, platzsparend, kosteneffizient und praktisch zu bauen. Somit wurde der Einbauschrank zum neuen Standard und ist in vielen Häusern und Wohnungen aus den 50er, 60er und 70er Jahren zu finden.

Es ist nicht einer. Nein, es sind gleich zwei!

Wir haben in unserem Haus zwei Einbauschränke (ich wünschte es wären noch viel mehr) – und ich würde lügen, wenn ich sagen würde sie hätten meine Kaufentscheidung nicht maßgeblich mitbestimmt. Der erste befindet sich direkt im großzügig geschnittenen Flur. Neben dem Badezimmer und gegenüber vom Elternschlafzimmer hat er die perfekte Position, um neben den üblichen alltagsbegleitenden Utensilien wie Jacken, etlichen Saisonaccessoires, ein paar Schuhen, einer Kleiderbürste auch Handtücher und Bettwäsche zu beherbergen.
Die Planerin und auch erste Besitzerin des Hauses war Innenarchitektin und hat maßgeblich an gestalterischen Elementen im und am Haus ihre Handschrift hinterlassen - dazu einmal in einem anderen Edit mehr.
Der Flurschrank ist in eine mit Holz verkleidete Wand integriert, passt sich nahtlos in die warme Umgebung ein. Sticht dann aber durch eine helle Außenhülle, die Unterteilung in Ober- und Unterschrank mit jeweils einem kleinen Messinggriff hervor. Ein Spot, der direkt von der Decke auf den Schrank und sein Inneres gerichtet ist macht die Suche nach dem zweiten Handschuh, oder den passenden Kissenbezug deutlich leichter.

Uns war sofort klar, dass wir ihn behalten. Nach einer Grundreinigung, etwas Öl in den Scharnieren und einer Holzpolitur ringsherum ist er auch für uns ein fester Bestandteil des Tagesablaufs - seit sechzig Jahren. Wir hätten keine passendere Lösung mit “neuen” Gedanken schaffen können. Ohnehin möchte ich hier einmal loswerden, dass das blinde Rausreisen von Einbauschränken definitiv unter die Rubrik “Einrichtungsverbrechen” fällt und mit Lebenslang ohne Bewährung zu bestrafen ist. In den meisten Fällen zumindest. Wer einen Einbauschrank ohne Not rausreißt, entnimmt dem Raum doch in gewisser Weise etwas Innenliegendes.

Ganz zu Schweigen was es heutzutage kostet, wenn man sich dann doch mit Hilfe eines Tischlers wieder für einen Einbauschrank entscheidet. Das macht dann 10.000 € bitte – danke. Und versteht mich nicht falsch. Das Handwerk und die stundenlange Handarbeit sind jeden Cent wert und verdienen größte Wertschätzung. 1964, im Baujahr des Hauses galt das auch schon, aber war halbwegs bezahlbar.

Der zweite Einbauschrank trennt aktuell unsere Küche vom Essbereich – er ist Raumhoch, lässt sich von beiden Seiten öffnen und bietet nicht nur Platz für Küchenutensilien, sondern hat auch ein Element ohne Einschübe und Böden für Hauswirtschaftsgegenstände wie einen Staubsauger und Tritthocker. Ja, einen Tritthocker - sowas gehört doch in jedes gescheite Haus, oder? Ich könnte nicht ohne. Mal ehrlich, unser Haus wurde vor über 60 Jahren so smart geplant. Und so gerne wir diesen Schrank auch behielten, er wird im Rahmen des neuen Küchenkonzeptes leider weichen müssen. Wir arbeiten auf ein offenes Raumkonzept hin, um mehr Licht in die Küche und den Essbereich zu bringen. Auch sollen die “beiden” Räume mit einer Küchenzunge verbunden und nicht mehr durch den Einbauschrank getrennt werden. Wenngleich der Schrank und seine Aufgabe weiterhin Bestand haben könnten. Die absolute Krönung wäre eine Durchreiche für mich gewesen. Eine kleine zweigeteilte Tür, oder ein Vorhang mit Messinggriff, die perfekte Abstellfläche dazwischen - alleine der Gedanke daran bereitet mir Freude.

Was unseren Schrank angeht rennen meine Ideen schon Staffelläufe im Kopf – einige Elemente des Schranks sollen in der Hausumgestaltung nämlich wieder integriert werden, einen neuen alten Ort bekommen. Mir blutet das Herz bei dem Gedanken einen so wertigen und in keiner Weise kaputten Schrank mal eben so in den Schredder zu werfen. Es funktioniert wirklich jedes Scharnier wie am ersten Tag.

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02 Einbauschrank vs. naja-ein-Schrank-eben

Ein Schrank ist ein Schrank. Er steht dank seiner Tiefe hervor, bietet sich an, kann wuchtig wirken. Er ist groß, hält und sammelt nützliches und lieb gewonnenes. Schränke sind wichtig: in der Küche, im Schlafzimmer, im Wohnzimmer und im Flur.

Einbauschränke sind auch eine Budgetfrage – glaubt mir, ich weiß wovon ich spreche. Wir drehen gerade jeden Euro nicht einmal, sondern mindestens zwanzigmal um. Haben uns bei den Kosten für die Renovierung zwar nicht unbedingt verkalkuliert, aber die ungeahnten Kosten für viel aufwändigere Wand-und Malerarbeiten, zwei Heizungsreparaturen und diverse Tischler Rechnungen fühlen sich gerade eher nach einer Wand vor dem Kopf an, als nach einem Berg den man noch (ohne Sauerstoffflasche) besteigen kann. Möchte man sich die Extrakosten für einen Schrank auf Maß leisten? Bestimmt. Ob man es letztlich kann, entscheiden Kreditrahmen oder der Kontoauszug.

Aber hey, Der Einbauschrank ist in seiner Optik unschlagbar. Er fügt sich nahtlos in seine Umgebung ein, fällt kaum auf und sorgt dabei für maximalen Stauraum bei minimalem Flächenverlust. Er ist eigentlich kein Schrank, sondern die Verlängerung der Wand. Er nimmt sich nicht den Raum, den er braucht – er nimmt sich das Volumen, das er haben kann. Geht all in. Und strahlt dabei so eine Ruhe und Sicherheit aus, denn hier wird alles reinpassen.

Nur logisch, dass ich ihm ein ganzes Pinterest-Board gewidmet habe und meine 6 Favoriten mit euch teile:

Einbauschränke meiner TräumeEinbauschränke meiner TräumeEinbauschränke meiner Träume
Einbauschränke meiner TräumeEinbauschränke meiner TräumeEinbauschränke meiner Träume
Einbauschränke meiner Träume

03 Für alle Heimwerker*innen

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